Warum hat Van Gogh sein Ohr abgeschnitten? Mythen und Fakten

Vincent van Gogh – kaum ein Name steht so sehr für das Bild des leidenden, genialen Künstlers zwischen Genie und Wahnsinn. Die Geschichte um sein abgeschnittenes Ohr ist eine der berühmtesten Episoden der Kunstgeschichte und hat sich fest ins kulturelle Gedächtnis eingebrannt. Doch was steckt wirklich hinter diesem dramatischen Akt der Selbstverstümmelung? Handelt es sich um eine spontane Tat eines Geisteskranken, einen Hilfeschrei oder doch um ein Symbol künstlerischer Verzweiflung?

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Die Bedeutung von Licht in den Gemälden von Vermeer

1. Die Legende des abgetrennten Ohrs

Ein Brief von Dr. Felix Rey (1930). Zeichnungen von Van Goghs abgeschnittenem Ohr. Bancroft-Bibliothek, Universität Kalifornien, Berkeley.

Die Geschichte von Vincent van Goghs Selbstverstümmelung ist weltbekannt: Am 23. Dezember 1888 schnitt sich der Künstler in Arles einen Teil seines linken Ohrs ab. Die Beweggründe und der genaue Ablauf sind seitdem Gegenstand zahlloser Theorien, Spekulationen und künstlerischer Auseinandersetzung. Oft wird von einem durch „Wahnsinn“ getriebenen, besessenen Künstler berichtet, der in einem Zustand geistiger Umnachtung eine radikale Tat begeht. Aber ist es wirklich so einfach?

2. Die Nacht von Arles: Was geschah wirklich?

Zentral für das Verständnis des Ohr-Zwischenfalls ist die berühmte Nacht vom 23. Dezember 1888 in Arles, Südfrankreich. Vincent van Gogh lebte und arbeitete seit einigen Wochen mit dem französischen Maler Paul Gauguin im sogenannten „Gelben Haus“. Der Plan war, eine Künstlergemeinschaft zu gründen – doch die Beziehung zwischen den beiden war von Anfang an von Spannungen geprägt.

Nach einem heftigen Streit mit Gauguin, der Detail umstritten ist, begab sich Van Gogh in einen Zustand tiefer Verzweiflung. Noch in derselben Nacht schnitt er sich – so zeigen inzwischen medizinisch bestätigte Zeichnungen seines behandelnden Arztes Dr. Rey – das gesamte linke Ohr ab (nicht nur das Ohrläppchen, wie früher angenommen). Anschließend verpackte er das Ohr und übergab es einer Frau in einem nahegelegenen Bordell, vermutlich nicht, wie oft behauptet, seiner Geliebten, sondern einer jungen Dienstmagd.

3. Medizinische und psychologische Erklärungsansätze

Bis heute sind Forscher uneinig über die genaue Ursache von Van Goghs Tat. Es gibt mehr als ein Dutzend verschiedene Hypothesen:

  • Psychose oder akuter Wahnsinn: Viele Quellen sprechen von einer psychotischen Episode, die durch Halluzinationen, Wahngedanken oder Realitätsverlust gekennzeichnet war. Tatsächlich litt Van Gogh zu dieser Zeit unter Halluzinationen und Anfällen von Bewusstlosigkeit.
  • Epilepsie: Der behandelnde Arzt Dr. Rey diagnostizierte eine Form der Epilepsie, die mit psychischen Ausnahmezuständen, sogenannten „mental epilepsy“ (Geistesepilepsie), einhergeht. Diese Hypothese wird von mehreren Experten gestützt, darunter auch der behandelnde Arzt in der späteren psychiatrischen Klinik, Dr. Peyron.
  • Bipolare oder Borderline-Störung: Andere zeitgenössische und moderne Psychiater gehen von einer bipolaren Störung (manisch-depressiv) oder zusätzlichen Persönlichkeitsstörungen aus, begünstigt durch eine genetische Disposition und verstärkt durch massive psychische Belastungen.
  • Selbstbestrafung oder Hilfeschrei: Einige Biografen sehen die Selbstverstümmelung als Ausdruck einer tiefen seelischen Verletzlichkeit, eines Appells nach Zuwendung, Fürsorge oder Vergebung. Manche meinen, das Geschenk des Ohrs an die junge Frau aus dem Bordell sei symbolisch für eine Opferung.
  • Menière-Krankheit (Tinnitus): Es wurde wiederholt die These vertreten, Van Gogh habe an Menière’scher Krankheit gelitten und das Ohr abgetrennt, um sich von unerträglichem Tinnitus zu befreien – allerdings gibt es für diese Theorie wenig Belege.

Die medizinische Aktenlage deutet darauf hin, dass Van Gogh schon Jahre zuvor unter psychischen Symptomen wie Schlaflosigkeit, Depressionen, Angstzuständen, Albträumen und Suizidgedanken gelitten hatte.

4. Die Rolle von Paul Gauguin

Die explosiven Streitigkeiten mit Paul Gauguin spielten eine entscheidende Rolle. Die beiden Künstler verband eine wechselhafte Freundschaft, geprägt von gegenseitiger Bewunderung und starker Konkurrenz. Während Van Gogh nach Harmonie und Anerkennung strebte, sehnte Gauguin sich nach Autonomie und neuen künstlerischen Impulsen. Der dauernde Druck, gemeinsam in Arles zu arbeiten, zahlreiche künstlerische und philosophische Konflikte und die ständigen finanziellen Nöte bestärkten Van Goghs Gefühle von Einsamkeit und Zurückweisung.

Nach einem besonders heftigen Streit am Vorabend des Vorfalls zog Gauguin aus dem „Gelben Haus“ aus. Van Gogh verlor damit seinen letzten engen Freund und sah sein Lebensprojekt, ein Künstlerkollektiv zu gründen, scheitern.

5. Van Goghs seelischer Zustand: Krankheitsbilder und Vermutungen

Die Diskussion um Van Goghs psychische Krankheit dauert bis heute an. Moderne Experten vermuten eine Kombination verschiedener Erkrankungen:

  • Bipolare Erkrankung: Viele Biografen und Psychiater sehen eine bipolare Störung als wahrscheinlich an, die sich durch manische Schaffensphasen und tiefe Depressionen äußerte.
  • Borderline-Persönlichkeitsstörung: Episoden extremer Impulsivität, emotionale Instabilität, Selbstverletzung – typische Merkmale einer Borderline-Störung, wie sie auch an Van Gogh beschrieben wurden.
  • Alkoholmissbrauch und Unterernährung: Neben psychischen Erkrankungen litten Van Goghs Gesundheit auch unter extremer Unterernährung und seiner Abhängigkeit von Alkohol (besonders Absinthe), was psychische Symptome verschärfte.
  • Epilepsie: Diagnose durch Dr. Rey und Dr. Peyron – vereinzelte „Anfälle“ könnten Ausdruck einer temporalen Epilepsie gewesen sein.
  • Genetische Disposition: In Van Goghs Familie gab es weitere Fälle psychischer Erkrankungen, die auf eine genetische Komponente hinweisen.

Van Gogh selbst war sich seiner Krankheit bewusst und schrieb mehrfach an seinen Bruder Theo über seine Symptome, Ängste und das Gefühl, „verrückt“ zu werden.

6. Mythenbildung: Wie die Geschichte erzählt wurde

Die Geschichte um Van Goghs Ohr ist ein Paradebeispiel für den Mythos vom „verrückten Künstler“. Generationen von Kunsthistorikern, Schriftstellern und Filmemachern haben die Episode dramatisiert und romantisiert. Manche behaupten, Van Gogh habe sein Ohr „für die Kunst“ oder „aus Liebe“ geopfert. Andere deuten es als Zeichen einer Opferbereitschaft, eines christlichen Märtyrers oder als Geste an seine Geliebte. Moderne Ausstellungen und Forschung werfen jedoch ein nüchterneres Licht auf die tatsächlichen Umstände und die medizinischen Hintergründe.

Neuere Forschungen, gestützt durch Briefe, Augenzeugenberichte und moderne medizinische Analysen, widerlegen viele populäre Legenden. So wurde nachgewiesen, dass Van Gogh nicht nur das Ohrläppchen, sondern nahezu sein gesamtes linkes Ohr abtrennte. Auch das oft kolportierte Bild der Prostituierten als Geliebte ist unzutreffend – tatsächlich handelte es sich wohl um eine einfache Magd, der Van Gogh sein Ohr übergab.

7. Die Bedeutung des Ohrs für Van Goghs Leben und Werk

Der Vorfall markiert einen Wendepunkt in Van Goghs Leben. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus blieb er noch kurze Zeit in Arles, bis er, nach zusätzlichen Anfällen, auf Anraten von Ärzten und seinem Bruder in die psychiatrische Heilanstalt Saint-Rémy-de-Provence eingewiesen wurde. Die Schaffenskrise nach dem Ohr-Vorfall war tiefgehend – und doch entstanden in dieser Phase einige der berühmtesten Werke Van Goghs, darunter mehrere Selbstporträts mit bandagiertem Ohr und Meisterwerke wie die „Sternennacht“. Die Episode wurde somit auch zu einem Symbol persönlichen Leids und künstlerischer Transformation im Angesicht der eigenen Verletzbarkeit.

8. Der Umgang mit dem Vorfall: Gesellschaftliche Reaktionen

Die Gesellschaft, sowohl in Arles als auch in der Kunstwelt, reagierte ambivalent. Einerseits galt Van Gogh fortan als „verrückter Künstler“, was sein Außenseiter-Dasein verstärkte. Andererseits trug die spektakuläre Tat auch zur Mystifizierung seiner Person bei und steigert – wie Studien zeigten – bis heute die öffentliche Wertschätzung seiner Werke. Zu Lebzeiten blieb Van Gogh jedoch unverstanden, erhielt vorwiegend negative Aufmerksamkeit und wurde sozial isoliert.

Die Frage, warum Van Gogh sein Ohr abgeschnitten hat, ist nicht mit einer einzigen Erklärung zu beantworten. Der Akt war Resultat einer dramatischen Verflechtung psychischer Erkrankung, sozialer Isolation, zwischenmenschlicher Enttäuschung und existenzieller Krise. Die Tat zeugt von tiefer Verzweiflung und seelischer Not – aber auch von künstlerischer Radikalität und einem komplexen, verletzlichen Charakter.

Die populären Mythen um Van Gogh und sein Ohr halten sich bis heute hartnäckig. Doch erst mit einer differenzierten, medizinisch und psychologisch fundierten Betrachtung wird klar, welch vielfältige Faktoren zu jener Nacht in Arles führten. Gerade im Spannungsfeld zwischen Genie und Wahnsinn liegt das anhaltende Faszinosum Van Goghs – und darin, wie sein Leiden und seine Kunst für immer miteinander verbunden bleiben.

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Quellen

  1. Why did Van Gogh cut off his ear? The problem of alternative explanations in psychobiography. (APA) – http://content.apa.org/journals/psp/40/6/1070
  2. The real reason Van Gogh sliced off his ear – CNN – https://edition.cnn.com/style/article/van-gogh-ear-slash-motive-trnd
  3. Van Gogh’s Physician – https://academic.oup.com/ofid/article/doi/10.1093/ofid/ofv088/2460268
  4. From Van Gogh to Lady Gaga: Artist eccentricity increases perceived artistic skill and art appreciation – https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ejsp.1999
  5. Vincent van Gogh and digitalis – http://pamw.pl/en/node/1897
  6. Van Gogh: Menière’s Disease? Epilepsy? Psychosis? – https://jamanetwork.com/article.aspx?doi=10.1001/jama.1991.03460060052013
  7. Van Gogh and Gauguin: The Search for Sacred Art – https://www.jstor.org/stable/3177337
  8. Why Did Vincent van Gogh Cut Off His Ear? | Britannica – https://www.britannica.com/topic/Why-Did-Vincent-van-Gogh-Cut-Off-His-Ear
  9. The Truth Behind Van Gogh’s Ear – https://www.artistsandillustrators.co.uk/news/the-truth-behind-van-goghs-ear/
  10. New vision on the mental problems of Vincent van Gogh – https://journalbipolardisorders.springeropen.com/articles/10.1186/s40345-020-00196-z
  11. Van Gogh’s Ear: The Hidden Truth – https://artofericwayne.com/2023/12/27/van-goghs-ear-the-hidden-truth/
  12. Self-Portrait with Bandaged Ear – Courtauld Gallery – https://courtauld.ac.uk/highlights/self-portrait-with-bandaged-ear/
  13. What Was the Relationship Between Gauguin and Van Gogh? – https://www.thecollector.com/what-was-the-relationship-between-gauguin-and-van-gogh/
  14. Fact-checking 9 Van Gogh Myths – http://old.vangoghexhibit.ca/blog/fact-checking-9-van-gogh-myths/
  15. Vincent van Gogh FAQ – https://www.vangoghmuseum.nl/en/art-and-stories/vincent-van-gogh-faq/why-did-vincent-van-gogh-cut-off-his-ear
  16. Van Gogh’s Physician (NYT/PMC) – https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4539511/
  17. Health of Vincent van Gogh – https://en.wikipedia.org/wiki/Health_of_Vincent_van_Gogh
  18. Vincent’s Illness and the Healing Power of Art – Van Gogh Museum – https://www.vangoghmuseum.nl/en/art-and-stories/stories/vincents-illness-and-the-healing-power-of-art
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