Der Sirtaki: Ein Tanz, der für einen Film erfunden wurde

Sirtaki flash mob at Accroche-Cœurs festival. | Simon Bonaventure, CC BY-SA 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0, via Wikimedia Commons

Der Sirtaki – viele verbinden mit diesem Namen die Sonne Griechenlands, die Klänge der Bouzouki und das unverwechselbare Gefühl von Lebensfreude und Nostalgie, das in griechischen Tavernen und auf Festen zu spüren ist. Doch was kaum jemand weiß: Der berühmteste aller „griechischen“ Tänze ist in Wahrheit ein Produkt der Filmgeschichte und wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts für einen Kinofilm erfunden. Wie konnte ein eigens für einen Film choreografierter Tanz zur weltweit bekanntesten Symbolfigur griechischer Kultur werden? Dieser Artikel nimmt Dich mit auf eine faszinierende kulturanthropologische Zeitreise und lüftet die vielschichtigen Geheimnisse hinter dem Sirtaki.

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Was ist der Sirtaki? – Definition und Grundelemente

Sirtaki, auch als Syrtaki geschrieben, ist ein Gruppentanz, der im Stehen, meist in einer Reihe oder einem Kreis getanzt wird, wobei die Tänzer einander an den Schultern halten. Charakteristisch ist der fließende Wechsel von langsamen, schleppenden Bewegungen – inspiriert vom traditionellen griechischen Hasapiko – zu immer schnelleren und schließlich wilden Sprüngen und Drehungen, wie sie aus Tanzstilen wie dem Hasaposerviko oder dem Pidiktos entlehnt wurden. Die Choreografie beginnt ruhig und steigert sich allmählich, bis am Ende alle Tänzer im Takt beschleunigen und die Musik ihren mitreißenden Höhepunkt erreicht.

Die spektakuläre Geburtsstunde: Sirtaki und „Zorba the Greek“

Entstehungsgeschichte des Tanzes

Im Gegensatz zur geläufigen Meinung hat der Sirtaki keinen jahrhundertealten Ursprung im traditionellen Brauchtum Griechenlands, sondern entstand 1964 als eigens für den Film „Zorba the Greek“ choreografierter Szenentanz. Für die Schlüsselszene auf der Stavros-Strand von Kreta, in der die Hauptfiguren Zorba (Anthony Quinn) und Basil (Alan Bates) gemeinsam tanzen, wollte man etwas schaffen, das die griechische Lebensfreude auf den Punkt bringt, aber auch für Laien – wie den US-amerikanischen Hauptdarsteller Anthony Quinn – umsetzbar war.

Die Choreografie stammt von Giorgos Provias, während die ikonische Musik, der später weltberühmte „Zorba’s Dance“, von Mikis Theodorakis komponiert wurde. Für die Melodie ließ sich Theodorakis von traditionellen syrtos- und rebetiko-Stücken inspirieren und passte sie an die Dramaturgie der Filmszene an.

Anthony Quinn und der „Notfall“ mit Wirkungsgeschichte

Eine oft erzählte, wahre Anekdote unterstreicht die Genialität des Augenblicks: Anthony Quinn hatte sich kurz vor dem Dreh den Fuß gebrochen und war nicht in der Lage, die geplanten Sprung- und Hüpfschritte auszuführen. Kurzerhand wurde die Choreografie spontan angepasst – aus hüpfenden Passagen entstanden „schleppende“ Schritte, das Markenzeichen des heutigen Sirtaki! Was als „Notlösung“ gedacht war, entfaltete auf Anhieb eine ungeheure emotionale Kraft und wurde zum vielleicht berühmtesten Tanz der Filmgeschichte.

Die Namensgebung

Der Name „Sirtaki“ ist ein Kunstwort, das sich von den griechischen Begriffen „syrtos“ (der getragene, langsame Tanz) und „pidiktos“ (der springende, schnelle Tanz) ableitet. Auch die länderspezifische Nachsilbe „-aki“ steht hier für eine Verkleinerungsform – Sirtaki bedeutet also sinngemäß „kleiner Syrtos“. Der Name wurde angeblich erst zur Premiere des Films festgelegt.

Musikalische Dimensionen: „Zorba’s Dance“ als Kulturphänomen

Die Filmmusik spielt im Siegeszug des Sirtaki eine herausragende Rolle. Mikis Theodorakis’ Komposition, basierend auf traditionellen Melodien und veredelt mit modernen Einflüssen, wurde nicht nur weltweit als Soundtrack veröffentlicht, sondern ist aus vielen griechischen Tavernen und Festen heute nicht mehr wegzudenken. Im Zentrum steht das Saiteninstrument Bouzouki, das der Musik ihr unverwechselbares Klangspektrum verleiht.

Theodorakis’ Soundtrack wurde ein internationaler Bestseller, gewann zahlreiche Preise und wurde in den späten 1960ern und 1970ern sogar von der griechischen Militärjunta verboten, was dem „Zorba’s Dance“ einen Hauch von Subkultur hinzufügte.

Schrittanalyse: So tanzt man Sirtaki

Grundschritte und Bewegungsablauf

Sirtaki startet im ruhigen Tempo, während die Tanzenden an den Schultern einander umfassen. Die Schritte orientieren sich zunächst am „langsamen Hasapiko“ – das rechte Bein kreuzt nach vorn, das linke wird wieder zurückgesetzt, und dieser Zyklus wiederholt sich in rhythmischem Gleichschritt. Nach und nach verdichten sich die Takte. Zuletzt führen die Tanzenden mitreißende Sprünge und Drehungen aus, die im „schnellen Hasaposerviko“ wurzeln. Der gesamte Ablauf spiegelt Lebensthemen wie Entschleunigung, Rausch und Wiedererlangung der Souveränität wider. Besonders die Gruppendynamik und die konstante Verbindung der Tänzer untereinender sind zentral für das emotionale Erlebnis.

Symbolik und Bedeutung im modernen Griechenland

Obwohl „künstlich“ erschaffen, wurde der Sirtaki phänomenal schnell als Nationalsymbol angenommen. Heute ist der Tanz allgegenwärtig: Er wird in Tavernen, bei Hochzeiten, Volksfesten und sogar auf den Straßen von Touristen und Einheimischen aufgeführt. In ihm spiegelt sich das griechische Lebensprinzip des „kefi“ – einer unvergleichlichen Lebenseinstellung voller Freude, Gastfreundschaft und Gemeinschaftssinn. Im Akt des gemeinsamen Tanzens werden soziale Schranken aufgehoben: Arm und Reich, Jung und Alt, Einheimische und Fremde feiern Seite an Seite.

Von der Leinwand aufs Parkett: Sirtaki als globales Phänomen

Weltrekorde und internationale Popularität

Das Echo des Sirtaki hallte weit über Griechenlands Grenzen hinaus. 2007 und 2012 wurden Weltrekorde für den größten Sirtaki-Tanz aufgestellt – Tausende Menschen vereinten sich zu einer massiven Choreografie und manifestierten die universelle Kraft des Tanzes. Auch international hat sich der Sirtaki zu einer Art Synonym für griechische Lebensfreude, Gastfreundschaft sowie für das Reiseland Griechenland entwickelt. Nicht selten wird er fälschlicherweise für einen Volkstanz „seit Urzeiten“ gehalten, was die Popularität nur noch steigert.

Emotionale Wirkung: Nostalgie und kollektive Identität

Was macht den Sirtaki so einzigartig? Es ist diese Melange aus Nostalgie und universeller Emotion, die sowohl Griechen als auch Ausländer beim Tanzen überkommt. Viele, die Sirtaki tanzen – ob am Mittelmeerstrand oder weit entfernt auf einer Party – berichten von einem Gefühl, das an Heimweh, gemeinsames Träumen und innere Befreiung grenzt. Der Sirtaki lädt dazu ein, für einen Moment „den inneren Zorba“ zu befreien – unabhängig von Herkunft, Alter oder sozialem Status.

Die Ursprünge der Bewegungen: Tradition trifft Moderne

Tanzen hat in Griechenland eine jahrtausendealte Tradition. Sirtaki ist im Kern eine Neukomposition – eine Mischform zwischen:

  • Hasapiko (der „Butchertanz“ aus konstantinopolitanischer Zeit),
  • Hasaposerviko (schneller, lebendiger Serben-inspirierter Tanz),
  • Syrtos (der Name des getrageneren Tanztyps dient jedoch meist nur der Namensgebung),
  • Pidiktos (kleinere, zum Ende in den Tanz eingebaute Sprünge).

Die Innovation des Sirtaki lag also nicht in der Erfindung unbekannter Tanzschritte, sondern in deren dramaturgisch-emotionalem Zusammenspiel und dem gezielten Einsatz für ein filmisches Gesamtkunstwerk.

Kritische Betrachtung: Künstlichkeit vs. gelebte Tradition

Trotz des Kunstcharakters gibt es unter Experten auch kritische Stimmen. Einige betonen den Unterschied zwischen authentischen Volkstänzen und der „Marketing-Schöpfung“ Sirtaki. Doch der Siegeszug des Tanzes zeigt auf beeindruckende Weise, wie neue Formen durch Emotionalität echte kulturelle Verwurzelung entwickeln können. Sirtaki ist heute ein lebendiges Beispiel für „geformte Authentizität“ und für die Kraft von Film und Musik als Schöpfer kollektiver Identität.

Der Sirtaki als Brücke zwischen den Kulturen

Ein faszinierender Aspekt ist auch der transkulturelle Charakter des Sirtaki. Die Ursprünge einiger Bewegungen und Rhythmen gehen auf den heutigen Mittelmeerraum, insbesondere auf Balkan und Türkei, zurück. Durch die Filmhandlung und anschließende Verwurzelung in Griechenland verbindet Sirtaki Bräuche, Mentalitäten und Gemeinschaftserfahrungen weit über nationale Grenzen hinaus.

Dass der Sirtaki, ein Tanz, der einst aus pragmatischen Gründen für einen Filmdreh entstand, das Bild Griechenlands heute weltweit prägt, ist ein kulturhistorisches Paradoxon – oder vielmehr ein Beweis für die kreative Kraft der Populärkultur. Sirtaki ist ein Symbol für Lebensfreude, Optimismus und Gemeinschaftssinn, das mit einfachsten Mitteln kollektive Identität stiftet.

Obwohl der Tanz keine jahrhundertealte Wurzeln besitzt, hat er sich in der Seele der modernen griechischen Gesellschaft eingebrannt. Die Mischung aus Choreografie, Filmmusik und universellem Optimismus hat ihm einen Sonderstatus unter den Kulturnationalen beschert. Für Besucher und Einheimische lädt der Sirtaki ein, die Magie des Augenblicks zu erleben, in Erinnerungen zu schwelgen und den Moment gemeinsam zu genießen – sei es am Strand von Kreta oder in einer belebten Taverne irgendwo auf der Welt.

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